Während ich diese Zeilen schreibe, sitzen wir auf der Fähre von Lyngseidet nach Olderdalen – Tag 8 unserer Reise. Eigentlich wollte ich ja schon viel früher schreiben. Aber es gibt einige Dinge, die ich einfach vollkommen unterschätzt habe. (Der Clickbait-Titel dieses Blogposts ist übrigens inspiriert von Qualityland 2.0, was wir seit gestern während der Fahrt hören.)
1. Welchen Einfluss das Tageslicht auf meinen Biorhythmus hat
Seit ungefähr Tag 3 der Rallye wird es hier nicht so richtig dunkel. Die Tage sind einfach endlos. Ich dachte vor unserer Reise: “Es wird wahrschienlich etwas schwieriger sein, einzuschlafen. Aber dann nimmst du einfach eine Schlafbrille mit und dann geht das schon.” Stimmt auch. Das Einschlafen ist nicht das Problem.
Das Problem ist eher, dass mein Körper mir nicht anzeigt, wie spät es ist. Mein Biorhythmus ist durch die Helligkeit total durcheinander. Kurz vor Mitternacht fühle ich mich noch topfit, weil ich einfach nicht merke, wie spät es schon ist. Ins Zelt zu fallen, ist hier eher eine Vernunftsentscheidung – ich könnte jeden Abend bis tief in die Nacht wach bleiben, aber dann wäre ich am nächsten Tag völlig durch.
Auch so merke ich an vielen Tagen, dass ich zwischendurch immer wieder ein Schläfchen brauche. Zweimal waren wir sogar beide so müde, dass wir nicht mehr weiterfahren konnten, sondern auf einem Rastplatz halten und einen Powernap machen mussten.
2. Wie wenig Zeit wir während der Fahrt haben
Mein Ziel war ursprünglich, regelmäßig zu bloggen und meine Eindrücke von unserer Reise zu teilen. Ich dachte mir: “Ihr sitzt ja den ganzen Tag im Auto, da hast du jede Menge Zeit.” Stimmt auch. Und gleichzeitig nicht.
Der Fahrer oder die Fahrerin ist natürlich mit Fahren beschäftigt. Aber auch als Beifahrerin bin ich fast die ganze Zeit busy – entweder verfolge ich unseren Weg auf einer der zig Papierkarten, die wir für die Navigation nutzen, oder ich mache Fotos oder Videos von der Reise. Oder aber ich schmiere Sandwiches, weil wir oft während der Fahrt essen, damit wir die täglichen Streckenabschnitte auch schaffen. Manchmal mache ich auch ein Nickerchen (s. Punkt 1). Oder ich schaue schon mal, wo wir über Nacht stehen können. Und schließlich möchte ich ja auch ein bisschen was von der Landschaft mitbekommen, durch die wir fahren (und die absolut atemberaubend ist!)
Und abends? Es ist oft 22 Uhr, bis wir einen Stellplatz haben, unser Zelt aufgebaut haben, gekocht und gegessen haben. Dann steht noch die Routenplanung für den kommenden Tag an, und irgendwann will ich einfach nur noch schlafen. Mein Gehirn verarbeitet abends die ganzen wunderbaren Eindrücke und ist gleichzeitig einfach nur müde. Da fehlt mir dann die notwendige Muße, um nochmal alles in ganze Sätze zu fassen.
3. Wie anstrengend es ist, den ganzen Tag im Auto zu sitzen
Unser Tag sieht in etwa so aus:
- Der Wecker klingelt um 7 Uhr.
- Kaffee kochen, rudimentäre Körperhygiene, Zelt abbauen, alles zusammenpacken, und dann starten wir meist zwischen 8 – 9 Uhr.
- Im Auto sitzen bis ungefähr 20 Uhr, zwischendurch unterbrochen von kurzen Kaffee-, Pinkel- und Fotopausen.
- Stellplatz für die Nacht suchen, Zelt aufstellen, Abendessen kochen und dann zwischen 23 Uhr und Mitternacht ins Bett fallen.
Wir verbringen also jeden Tag um die 12 Stunden im Auto – klingt jetzt erstmal nicht so anstrengend. Ist es aber. Es ist ermüdend, weil wir aufmerksam sein müssen, um nicht die richtige Abzweigung zu verpassen. Weil wir so viele wundervolle Eindrücke aufnehmen und verarbeiten “müssen”. Und weil das Fahren in einem 29 Jahre alten Auto eben doch ein bisschen anders ist als in einem neuen – so ganz ohne Tempomat zum Beispiel.
Und gleichzeitig ist es toll. Gottlob – unser Audi 80 – gleitet über die Straße wie ein Schiff über den See. Er beschleunigt zwar nicht so richtig, aber da wir die meiste Zeit sowieso weniger als 100 km/h fahren müssen (kein GPS, keine Autobahn…), ist das auch nicht soooo schlimm.
4. Wie nett die Menschen unterwegs sind
Dass ich nicht der größte Fan von Menschen im Allgemeinen bin, ist landläufig bekannt. Deshalb hat es mich umso mehr überrascht, wie viele nette Menschen wir unterwegs schon kennenlernen durften.
Zur Baltic Sea Circle gehört auch dazu, dass wir jeden Tag eine Challenge zu bewältigen haben, für die wir oft die Hilfe anderer Menschen benötigen.
Da wäre zum Beispiel Nicole, die wir kurz nach unserem Start am ersten Tag auf ihrem Pferdehof angesprochen haben. Sie fand unsere Tallye total spannend und hat uns direkt eine Duftkerze für unsere blaue Büroklammer, mit der wir uns durch die Rally tauschen, gegeben – und ein Hufeisen für unsere Wikingertaufe am ersten Abend.
Oder Eric und seine Frau, die wir auf einem Rastplatz in Dänemark kennengelernt haben und die uns für Nicoles Duftkerze einen Fußball von Ajax Amsterdam gegeben haben. Auch die beiden waren total interessiert und verfolgen unsere Reise seither auf Instagram.
Überall, wo wir hinkommen, sprechen uns Menschen auf die Rallye an – wir sind mit den Rallye-Aufklebern und ca. 170 teilnehmenden Teams hier auch gut zu erkennen. Und alle finden es total spannend, was wir hier machen, und sind sehr hilfsbereit, wenn es darum geht, uns bei unseren Challenges zu helfen.
Und auch die Teilnehmenden hier sind enorm hilfsbereit. Wann immer wir einander begegnen, grüßen wir einander und tauschen Tipps und Erfahrungen aus.
5. Wie wunderschön Skandinavien ist
Ich bin das erste Mal so richtig in Skandinavien. Letztes Jahr war ich für einen Wochenendtrip in Stockholm, aber das zählt nicht. Natürlich hatte ich gehört, dass die Natur hier toll ist, und ich habe auch von der letztjährigen Rallye einige Eindrücke bekommen, die mir Lust darauf gemacht haben.
Aber wie unglaublich schön es hier tatsächlich ist, das konnte ich mir vorher nicht vorstellen. Hinter jeder Kurve bietet sich ein neuer atemberaubender Anblick, und auch nach 8 Tagen habe ich mich noch nicht satt gesehen an den Fjorden, Bäumen, Bergen, Seen, Flüssen, kleinen Häuschen, einsamen Straßen, …
An einem Tag haben wir uns vorgenommen, an jedem schönen Spot, den wir unterwegs sehen, anzuhalten. Es war unmöglich. Ich sitze immer noch im Auto, teilweise mit offenem Mund, und staune wie ein kleines Kind über die Schönheit, die ich hier sehe.
Heute erreichen wir also das Nordkap. Ich freue mich darauf. Genauso wie ich mich auf die zweite Hälfte der Reise freue – die baltischen Staaten habe ich nämlich auch noch nicht besucht. Ich kann nicht sagen, wann ich das nächste Mal schreiben werde – auf Instagram gibt es aber auf jeden Fall für jeden Tag eine Zusammenfassung. Fotos mache ich nämlich jede Menge 😀